Taufe

Täufling über Taufbecken
Bildrechte www.fundus-media.de/EMSZ/Jens Schulze


Warum lassen Alleinerziehende ihre Kinder selten taufen?

Diese Frage haben wir inzwischen mit vielen Pfarrerinnen und Pfarrern diskutiert. Auch eine von der Evangelischen Kirchen in Deutschland (EKD) in Auftrag gegebene Studie zum Taufverhalten evangelischer Mütter hat dazu deutliche Aussagen getroffen.

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Alleinerziehende im Vergleich zu anderen Eltern der Taufe höchste Bedeutung zumessen. Sie weisen zudem die größte Intensität gelebter Religiosität in der Mutter-Kind-Beziehung auf. Wie kommt es dazu? Die Taufe hat hier deswegen diese hohe Bedeutung, weil sie noch deutlicher als in anderen familiären Zusammenhängen Schutz, Sicherheit, Wegbegleitung und Führung bedeutet, und sich in ihr so in gewisser Hinsicht auch die Vorstellung von einer „richtigen Familie“, zu der man so nicht dazugehört, versinnbildlicht. Diese hohe Erwartung an die Taufe führt jedoch auch zu der Befürchtung, dass diese enttäuscht werden könnte, weshalb einige das Kind dann erstmal nicht taufen lassen. Zudem möchten manche bei der Taufe nicht alleine in der Kirche stehen und damit ihre von anderen Familien unterschiedene Lebenssituation sichtbar machen.

Die Ankunft des Kindes und die Neugestaltung des Zusammenlebens bindet in der ersten Zeit viel Kraft der Mutter. Hinzu kommt bei Alleinerziehenden noch die Sorge um das finanzielle Auskommen, den Unterhalt für das Kind, die oft schwierige Aushandlung von Absprachen mit dem Vater des Kindes und die Klärung und Planung der beruflichen Perspektiven für die Mutter. Wenn Frauen hier wenig Unterstützung von außen haben, erschwert dies auch eine ihr eigentlich wichtige Gestaltung der religiösen Einbindung ihrer kleinen Familie und die Planung einer Taufe.

Bei gemeinsamer elterlicher Sorge ist zudem eine Zustimmung beider Eltern zur Taufe und zur Wahl der Konfession notwendig. Stimmt der Vater nicht zu, kann eine Taufe erst mit Beginn der Religionsmündigkeit des Kindes mit 14 Jahren erfolgen.

Was können Gemeinden in dieser Situation für Alleinerziehende tun?

Ein Willkommensgruß der Gemeinde für das neugeborene Kind und seine Mutter zeigt die Offenheit der Gemeinde für junge Familien in verschiedenen Lebensformen. Sie sollte auch erste Informationen zur Taufe und eine Kontaktadresse enthalten. Dieser Gruß könnte auf den Geburtsstationen oder durch Hebammen verteilt werden.

Alleine das Kind taufen zu lassen und ein Fest zu organisieren kann ein großes Hinderniss sein. Wie wäre es, einmal im Jahr einen Taufgottesdienst mit anschließender gemeinsamer Tauffeier im Gemeindehaus anzubieten? Das wäre nicht nur für Alleinerziehende eine Bereicherung.

Einladend sein - das ist ein wichtiger Anspruch vieler Gemeinden. Eine offene Gemeinde für alle Familien erkennen Alleinerziehende an den Angeboten: offene Formulierungen die nicht alleine die "klassische Familie" ansprechen, Kinderbetreuung bei Veranstaltungen, damit Alleinerziehende am Gemeindeleben teilnehmen können und ein offenes Ohr für Menschen, die Krisen bewältigen müssen.

Das Schlusswort ist dem Fazit der obengenannten Studie entnommen:
„Erheblich mehr Aufmerksamkeit als bisher muss der Gruppe der Alleinerziehenden gewidmet werden. Hier liegen erhebliche Erwartungen an die Kirche in diakonischer und religiöser Hinsicht vor, die unbedingt aufgenommen werden sollten, denn in dieser Gruppe droht ein massiver Verlust an Taufakzeptanz. Das faktische Ausgrenzen dieser Gruppe durch die Perpetuierung eines überholten normativen Familienbildes in der Kirche muss umsichtig revidiert werden.“
(Sozialwissenschaftliches Institut der EKD: Analyse zum Taufverhalten der evangelischen Bevölkerung in Deutschland)